22.03.2023

Interview mit Armand Linge

«Mathys-Produkte – gemäss neuer Medizinprodukteverordnung der EU bereits konform»

Seit Mai 2021 fordert die EU von Herstellern u. a. einen Nachweis über den klinischen Nutzen von Medizinprodukten. Die Hürden sind hoch. Doch Mathys erfüllt aufgrund seiner Philosophie bereits jetzt die Voraussetzungen. Über die Bedeutung für Anwender, Patienten und die gesamte Branche sprach Armand Linge, der den Bereich Regulatory Affairs bei Mathys leitet.

Armand Linge

hat einen Bachelor-Abschluss in Kernphysik sowie einen Ingenieur-Hochschulabschluss mit einem multidisziplinären Profil. Bei Mathys ist er seit drei Jahren als Head of Regulatory Affairs beschäftigt. Mit den gesetzlichen Vorgaben sowie regulatorischen Aufgaben ist der 54-Jährige bestens vertraut.

Sein Einstieg in die MedTech-Branche erfolgte nach dem Studium durch einen Zufall. Nun blickt der gebürtige Franzose bereits auf eine 26-jährige Erfahrung in der Orthopädie zurück. Seit zehn Jahren ist Armand Linge bereits mit regulatorischen Aufgaben befasst und spricht vier Sprachen fliessend.

Interview

Herr Linge, die EU behandelt die Schweiz neuerdings wie ein Drittland in Bezug auf die Zulassung von Medizinprodukten. Was ist passiert?

Bis Mai 2021 gab es für die Zulassung von Medizinprodukten in der Europäischen Union (EU) eine Richtlinie, die Medical Device Directive (MDD). Jedoch zeigte sich aufgrund verschiedener Produktmängel, dass deren Anforderungen nicht ausreichen. In der Öffentlichkeit sehr präsent war beispielsweise der Eklat mit den französischen Brustimplantaten, die bei tausenden von Frauen aufgrund ihrer Mängel entfernt werden mussten. Die Schweiz hatte bis dahin ein bilaterales Abkommen1 mit der EU, das den Handel, In- und Export von Medizinprodukten erleichterte – unabhängig von Richtlinienänderungen in der EU.

Die EU hat nun die Richtlinie durch ein viel umfangreichere Verordnung abgelöst, die Medical Device Regulation (MDR). Die Schweiz passte daraufhin ihre Medizinprodukteverordnung so an, dass sie 1:1 und tagesaktuell mit der neuen europäischen Verordnung gleichgehalten wird. Da das bestehende bilaterale Abkommen die MDR aber nicht abdeckt, wird die Schweiz seither von der EU trotzdem wie ein Drittland behandelt. Faktisch gibt es aber keine regulatorischen Unterschiede. Hersteller, die eine EU-Zulassung haben, können ihre Produkte mit wenig Aufwand in der Schweiz vermarkten. Für Schweizer Unternehmen ist die Anforderung an eine EU-Zulassung mit den Schweizer Vorgaben vergleichbar.

Was ist neu an der MDR?

Die alte Richtlinie fokussierte sich auf die Produktsicherheit. Dies bedeutet, dass die Medizinprodukte einen gewissen Qualitätsstandard aufweisen mussten. Es war jedoch kein Nachweis des klinischen Nutzens erforderlich. Das hat sich nun massgeblich geändert: Bevor ein Medizinprodukt neu zugelassen werden kann, muss der Hersteller jetzt unbedingt nachweisen, dass das Medizinprodukt einen klinischen Nutzen hat. Ausserdem fordert der Gesetzgeber vor der Zulassung eine mindestens 2-jährige klinische Nachbeobachtung.

Es müssen also vergleichbar mit Arzneimitteln Nachbeobachtungsstudien durchgeführt werden. Anwender müssen Probleme mit einem Medizinprodukt unverzüglich melden. Auch dies ist mit den gesetzlichen Anforderungen für Arzneimittel vergleichbar.

«Mathys gehört zu den wenigen Medizinprodukte-Herstellern mit einer MDR-Zulassung

Welche Herausforderungen bringt die MDR?

Der Aufwand für die Zulassung ist für Hersteller von Medizinprodukten nun deutlich höher und komplexer geworden. So müssen wir spezifische MDR Aktivitäten durchführen, um beweisen zu können, dass alle Mathys Medizinprodukte den aktuellsten Stand der Technik erfüllen. Alle Nachweise stehen in unseren Technische Dokumentationen zur Verfügung und werden stets aktualisiert. Dies soll auch so sein, da Sicherheit und Effektivität für unsere Anwender sehr wichtig sind. Ausserdem gibt es besondere Datenbanken, die neu gepflegt werden müssen. Ich schätze allerdings, dass nicht alle derzeit am Markt befindlichen Unternehmen diesen Aufwand betreiben können und über kurz oder lang dem Markt „Adieu“ sagen.

Wie sieht es bei Mathys aus?

Bei Mathys sind wir sehr gut aufgestellt. Es ist schon immer unsere Philosophie gewesen, die Qualität unserer Produkte im Blick zu haben und die Medizinprodukte über mehrere Jahre in klinischen Studien zu kontrollieren. Wir verfügen bereits jetzt über Erfahrungswerte von bis zu zehn Jahren, die wir den Behörden übergeben können. Deshalb haben wir derzeit schon die Medizinproduktzulassungen gemäss MDR für mehr als 30 % unseres Portfolios erhalten. Die übrigen 70 % sind immer noch in der Überprüfung. Es ist für uns eher eine Formsache und wir erwarten die Zulassungen in jedem Fall. Wir gehören damit zu den 9 % aller Medizinprodukte-Anbieter, die bisher MDR-Medizinproduktzulassungen erhalten haben.

Was ist mit den übrigen 91 % der Hersteller?

Laut einem Bericht der Europäischen Kommission vom Dezember 2022 haben 6 % der Hersteller keine MDR-Medizinproduktzulassung erhalten. Die übrigen 85 % befinden sich noch in der Überprüfung. Die EU hat den Medizinprodukte-Herstellern eine Übergangsfrist bis Mai 2024 eingeräumt. Danach sollte es eigentlich ernst werden. Aber es gibt wohl Bestrebungen, diese Frist nochmals zu verlängern, so dass die Hersteller etwas mehr Zeit bekommen, um die erforderlichen Daten zur Verfügung zu stellen. 

«Mathys Engagement in Bezug auf den klinischen Nutzen zahlt sich aus»

Welche Vor- und Nachteile sehen Sie durch die MDR für Ihre Kunden?

Die neue Verordnung bietet den Kliniken, welche Mathys Medizinprodukte einsetzen, zuerst die Sicherheit einer vollständigen gesetzlichen Compliance. Zusätzlich können sie davon ausgehen, dass Mathys Medizinprodukte, die entsprechend der MDR zugelassen sind, einen soliden klinischen Nachweis erbracht haben und vollständig getestet wurden. Ausserdem ergibt sich für sie der Vorteil zu wissen, wer als Lieferant zuverlässig in Frage kommt. Unsere derzeitigen Medizinproduktzulassungen gelten bis Oktober 2027 und voraussichtlich auch darüber hinaus. Das gilt wohl leider nicht für alle Anbieter. Für die Kliniken bedeutet die neue Verordnung aber auch, dass sie selbst prüfen müssen, ob die bislang verwendeten Produkte zugelassen sind oder nicht. Muss ein Anbieter gewechselt werden, hat dies ggf. Einfluss auf die Operationstechnik. Es wird auch mehr Informationen und Dokumentationspflichten geben. Die Medizinprodukte müssen allesamt indikationsgerecht verwendet werden – es ist also auch etwas mehr Aufwand bei den Kliniken zu betreiben. 

Wie bewerten Sie die neue Verordnung bei Mathys?

Es gibt für alle Beteiligten nun etwas mehr Aufwand. Bei Mathys bin ich persönlich aber der Meinung, dass sich der Aufwand sowohl für Anwender als auch für die Patienten lohnt. Wir können damit mehr Vertrauen in alle gemäss MDR zugelassenen Medizinprodukte schaffen. Ich gehe davon aus, dass in der EU und in der Schweiz jetzt insgesamt weniger Re-Operationen stattfinden werden. Das ist sehr wichtig für alle unsere Anwender. Wir sind froh, dass wir bei Mathys Verlässlichkeit bieten können und unsere gesetzlichen Pflichten bereits erfüllt haben. 

Herr Linge, wir danken Ihnen für dieses Gespräch!

Referenz

1 Mutual Recognition Agreement, MRA

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